"Der Graf von Monte Christo" von Alexandre Dumas
Aktuelle Buchempfehlung von Michael Sittinger
Bestimmte Romanhelden sind untrennbar mit Meisterwerken der Literaturgeschichte verbunden: Jean-Baptiste Grenouille? Das Parfum. Hans Castorp? Der Zauberberg. Die Trottas? Radetzkymarsch und Kapuzinergruft. Und Edmond Dantès? Der Graf von Monte Christo. Was für ein Titel! Wer kennt ihn nicht? Aber wer hat das bis zu mehr als 1400 Seiten starke Buch wirklich gelesen?
Dabei hat der Roman von Alexandre Dumas (dem Älteren) alles, was man als Leser so braucht. Liebe, Erfolg, Neid, Missgunst, Intrigen und ganz viel Hass und Rache. Man kann dieses Buch nicht lesen, ohne mit dessen „Helden" mitzuleben und mitzufühlen.
Der zwangsweise stark verkürzte Inhalt: Edmond Dantès, ein 19-jähriger Seemann, kehrt 1815 nach Marseille zurück. Er soll zum Kapitän befördert werden und liebt die schöne Mercédès. In seiner Unerfahrenheit bemerkt er nicht den Neid der anderen. Am Vorabend der Hochzeit mit Mercédès wird er als bonapartistischer Agent denunziert und von einem intriganten Staatsanwalt auf die berüchtigte Festungsinsel Château d'If geschickt.
Dort verbringt er 14 Jahre in Kerkerhaft und begegnet dem Mitgefangenen Abbé Faria, der ihm Unterricht erteilt und ihm von einem vergrabenen Schatz auf der Insel Montecristo erzählt. Nach der Flucht von Château d'If findet Dantès den Schatz auf Montecristo, kehrt als reicher Mann nach Frankreich zurück, wo er Nachforschungen über seine Denunzianten anstellt, die nun hohe Positionen bekleiden. Einer von ihnen hatte sogar Mercédès geheiratet. Dantès gibt sich als Graf von Monte Christo aus, ein düster-grimmiger Aristokrat von unermesslichem Reichtum sowie rätselhafter Herkunft. Strategisch, akribisch geplant und in absoluter Kompromisslosigkeit vernichtet er seine Feinde in einem Rachefeldzug finanziell und geschäftlich, stellt sie gesellschaftlich bloß, regt sie sogar zu Morden untereinander an, bis sie nichts mehr besitzen und sich in Selbstmord oder Wahnsinn flüchten.
Letztlich bekommt der Graf von Monte Christo das Gefühl, dass er in seiner Rache zu weit gegangen ist. Er verschenkt seine Güter in Frankreich und zieht sich mit Haydée, die ihn liebt, an einen unbekannten Ort zurück. So endet der Roman in einer versöhnlichen und nachdenklichen Stimmung.
Ob als Jugendbuch, in einer der zahlreichen Verfilmungen (ja, natürlich mit Gérard Depardieu) oder in der ungekürzten Originalfassung: Dieser Klassiker der Weltliteratur fesselt seit mehr als 170 Jahren Millionen von Menschen. Und er machte eine 10 km² kleine Insel zwischen Korsika und dem italienischen Festland weltberühmt. Montecristo zählt heute übrigens zwei (!) Einwohner, ein paar Ziegen und jährlich maximal 1000 Touristen.