Auf des Erzherzogs Spuren ... Teil 2
Anlässlich des Jubiläumsjahres begab man sich in der Steiermärkischen Landesbibliothek auf Spurensuche. Was erinnert fast 200 Jahre nach der Errichtung noch an den Begründer des Joanneums als "Innerösterreichisches Nationalmuseum" mitsamt seiner Lese-Anstalt?
"Erbhuldigung" aus dem Jahre 1728
Ein weiteres besonderes Stück in unseren Sondersammlungen mit Bezug zu Erzherzog Johann ist die „Erbhuldigung" aus dem Jahre 1728. Es handelt sich dabei um die letzte steirische Erbhuldigung, welche die Landstände im Jahre 1728 Kaiser Karl VI. als ihrem Herzog, ihrem Landesfürsten, geleistet haben.
Das Prunkexemplar im Besitz der Steiermärkischen Landesbibliothek ist zweifellos eines der wertvollsten Stücke in der Styriaca-Sammlung, der Druck erfolgte vermutlich im Jahr 1740, durch die Hofdruckerei Widmanstetter. Auf der Vorder- bzw. Rückseite des in grünen Samt gebundenen Buches finden sich das kaiserliche Wappen bzw. der steirische Panther in aufwendigen Silber-, Gold- und Seidenstickerei. Die einfacheren Stickereien wurden von einer Klosterschwester des Grazer Ursulinenklosters ausgeführt, die dafür Schokolade im Gegenwert von 10 Gulden bekam.
Die Besonderheit des Prachtexemplars liegt nicht nur in ihrer kostbaren Ausführung, sondern vor allem in ihrer Vollständigkeit, 92 Textseiten und 16 Kupferstiche. Ursprünglich waren sechs Exemplare dieser luxuriösen Variante geplant, ein Exemplar für Kaiser Karl VI., eines für seine Frau Kaiserin Elisabeth Christine, jeweils eines für ihre drei Töchter und schließlich ein Exemplar für seine Mutter, Eleonore Magdalene von Pfalz Neuburg, die Witwe von Kaiser Leopold I.
Heute wissen wir von zwei ausgeführten Exemplaren der Prachtausgabe. Über Erzherzog Johann kam das „Kaiserexemplar" von Karl VI. in die Bibliothek. Ob er sich dieses von seiner kaiserlichen Verwandtschaft erbeten hat, ist nicht bekannt, jedoch muss es Teil der ersten Lieferungen gewesen sein, ersichtlich an der niedrigen Signatur Nr. 1744.
Eine weitere exklusive Ausgabe, gebunden in hellbraunes Leder, befindet sich ebenso im Bestand der Steiermärkischen Landesbibliothek. Im Unterschied zum Prunkexemplar enthalten die in Leder gebundenen Exemplare jedoch nur 14 Kupferstiche. Weggelassen wurde zum einen der Auszug der Landstände aus dem Landhaus. Hier kann nur gemutmaßt werden, dass der Stich aufgrund der vermuteten protestantischen Orientierung des Landhauses nicht ins Buch gelangte. Zum anderen fehlt die Darstellung „Bestätigung der Rechte und Privilegien durch Kaiser Karl VI". Die Abbildung des Kaisers beim Erbringen einer Leistung wird als Grund für das Weglassen angenommen.
Dieser Staatsakt verlief grundsätzlich streng zeremoniell und diente zur neuerlichen Bestätigung der Vereinbarungen zwischen dem regierenden Monarchen und dem Erbland. Gemeinhin wurde dem Kaiser gehuldigt, im Anschluss daran wurden die Rechte und Privilegien des Erblandes durch den Kaiser bestätigt, bezeugt durch Urkunden als rechtliche Basis.
Die Steiermark nahm bei der Erbhuldigung eine Sonderstellung ein. Rudolf I. verfügte 1277, dass der Ablauf der Zeremonie gedreht wurde. Der Regent musste zuerst die Landesverfassung bestätigen - somit die Rechte des ortsansässigen Adels - und erst danach huldigten ihm die steirischen Landstände. Dieses Privileg erhielten die Steirer, weil sie sich als erste dem Herzogtum Österreich angeschlossen hatten und so Rudolf I. gegen den Böhmenkönig Ottokar unterstützten. So musste auch Karl VI. 1728 diese Abfolge einhalten.
Diesem Besuch ging eine umfangreiche Vorbereitungsphase voraus, ersichtlich am regen Schriftverkehr zwischen dem Wiener Hof und den Steiermärkischen Landständen. Vor dem Eintreffen der kaiserlichen Familie sollte die Beleuchtung auf Wiener Niveau gehoben werden, Wege und Straßen befestigt und Fassaden renoviert werden. Zudem wurden die Bäcker der Stadt angewiesen, genug Eier und Mehl für die Backwarenerzeugung vorrätig zu haben und eine Wirtshausverordnung besagte, dass eine Verteuerung der Speisen und Getränke ob des erfreulichen Ereignisses nicht stattzufinden habe.
Der landständische Sekretär Georg Jakob von Deyerlsperg wurde mit der Herausgabe der Erbhuldigung betraut und schilderte in diesem Werk äußerst genau den gesamten Ablauf der Festveranstaltung, wie den detaillierten Illustrationen zu entnehmen ist. Der in Augsburg geborene, in Graz und der Steiermark wirkende Maler Franz Ignaz Flurer, damals Hausmaler der Familie Attems und Schöpfer des Hochaltarbildes im Grazer Dom, hielt die Ereignisse in Grisaille-Skizzen fest, die im Steiermärkischen Landesarchiv aufbewahrt werden. Heinrich Störcklin, ein Augsburger Kupferstecher fertigte nach den Skizzen Flurers großformatige Kupferstiche an, z.B. den Festzug durch die Stadt und die Zeremonien im Landhaus. Von historischer Bedeutung sind die detailgetreuen Grazer Stadtansichten: das alte Rathaus, der Renaissance-Altar im Dom, der Übergang zwischen Dom und Burg oder die Dreifaltigkeitssäule am Hauptplatz, die heute am Karmeliterplatz steht. Faszinierend genau sind die Häuser am Hauptplatz und in der Herrengasse abgebildet. Das Weiß'sche Haus, die Adler-Apotheke mit dem Christophorus und das Landhaus sind detailgetreu wiedergegeben, wobei der Heilige Christophorus falsch platziert worden ist. Die Steiermarkkarte wurde von Christoph Dietel beigesteuert.
Die beiden Totalansichten der Stadt Graz aus der Vogelperspektive, eine von Osten von 1688/89 und eine von Westen aus dem Jahr 1703 zeigen die Stadt und ihren Schloßberg als imposante fortifikatorische Einheit und bilden eine detailgenaue städtebauliche Dokumentation von Graz um 1700. Beide Darstellungen wurden von Andreas Trost, einem damals vielbeschäftigten Kupferstecher, ausgeführt und für die Erbhuldigung wiederverwendet.
Das Exemplar befindet sich heute mit vielen anderen Zimelien der Bibliothek im Tresor des Hauses.
© Das Team der Steiermärkischen Landesbibliothek